COVID-19 Anti-Krisen-Schutzschild 2.0: Zusammenfassung der Änderungen im geltenden Gesetz

Als Reaktion auf die Corona-Pandemie beschloss die polnische Regierung am 31. März den sog. Anti-Krisen-Schutzschild. Dieser enthält Sonderlösungen bezüglich der Vorbeugung, Gegenmaßnahmen und Bekämpfung von COVID-19 und der Bewältigung der davon verursachten Krisensituation. Am Wochenende des 4. und 5. April wurden erste Informationen über weitere geplante legislative Änderungen bekannt. Nachdem das Novellierungsgesetz („Anti-Krisen-Schutzschild 2.0“) durch das polnische Parlament gefasst wurde, wurde es vom polnischen Präsidenten am 16. April verabschiedet. Das Gesetz trat am 18. April in Kraft.

Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Änderungen und Erweiterungen, die wir für Sie in übersichtliche Kategorien und wesentliche Fragen eingeteilt haben.


Zuschüsse und Finanzhilfen

Steuern

Recht


Zuschüsse und Finanzhilfen

Welche Änderungen wurden im Zuge des Anti-Krisen-Schutzschild 2.0 vorgenommen?

Die Zuschüsse zum Arbeitsentgelt wurden im Anti-Krisen-Schutzschild 2.0 erweitert und umfassen nun auch Nichtregierungsorganisationen, gemeinnützige Organisationen und juristische Personen des öffentlichen Rechts. Zudem ändern sich auch die Grundsätze der Herabsetzung des Arbeitszeitausmaßes von Arbeitnehmern. Arbeitergeber können die Arbeitszeit fortan um höchstens 20% - und nicht wie bisher um genau 20% - herabsetzen. Der Mindestlohn darf weiterhin nicht unterschritten werden. Der Arbeitgeber ist außerdem berechtigt, dem Arbeitnehmer nach dem Zeitraum des Zuschussbezuges zu kündigen.

Die Voraussetzungen zum Erhalt von Finanzhilfen bei Arbeitsausfall wurden gelockert. Bei Gewerbetreibenden entfällt die Beschränkung der Berechtigten auf die Unternehmer, dessen Einkommen im vorigen Quartal niedriger war als 300% der durchschnittlichen monatlichen Vergütung. Auch Personen, die zivilrechtliche Verträge ausführen, die vor dem 1. April (davor: 1. Februar) geschlossen wurden, erhalten Finanzhilfen. Statt einer einmaligen Auszahlung in Höhe von 80% des Mindestlohns wurde eine dreimalige Auszahlung beschlossen.

Bei Darlehen für Kleinstunternehmern wird künftig auf die Anforderung der Aufrechterhaltung von Beschäftigung und somit auch auf die Auskunftserteilung über den Personalbestand verzichtet. Das Darlehen steht auch den Kleinstunternehmern zu, die keine Mitarbeiter einstellen.

Der Kreis der Unternehmer, die keine Beiträge an die Sozialversicherungsanstalt bezahlen müssen, wurde vergrößert. Darunter zählt künftig auch, wer weniger als 50 Versicherte angemeldet hat - wobei die Befreiung für 50% des Gesamtbetrages, der nicht gezahlten Beitragsforderungen gilt, die in der Abrechnungserklärung angegeben und für den betreffenden Monat eingereicht wurden.

Welche neuen Förderungen ergeben sich nach dem Anti-Krisen-Schutzschild 2.0?

Das überarbeitete Gesetz gewährt Unternehmern eine Förderung, die zur Aufrechterhaltung und Fortsetzung der wirtschaftlichen Tätigkeit notwendig ist. Die Förderung gilt ausschließlich für Unternehmer, deren schwierige finanzielle Lage auf die COVID-19-Ausbreitung zurückzuführen ist und gegen die (i) nicht Insolvenz eröffnet oder (ii) ein Restrukturierungsverfahren eingeleitet wurde. Angeboten wird die Förderung zu Bedingungen der rückzahlbaren Finanzförderung wie Darlehen, Garantien oder Bürgschaften.

Notwendig ist ein Antrag bei der Agentur für Industrieentwicklung mit folgenden Anlagen:

  • Erklärung und Nachweis der Finanzlage
  • Maßnahmenplan zur Stabilisierung der Finanzlage
  • Einwilligung zur Erfassung von Daten über die Finanzlage des Unternehmers

Steuern

Welche steuerlichen Änderungen ergeben sich durch den Anti-Krisen-Schutzschild 2.0?

Die Bedingungen, die im Gesetz über die Körperschaftssteuer für die Einstufung von Steuerzahlern als steuerliche Kapitalgruppe festgelegt wurden, wurden geändert. Nun gelten sie auch als erfüllt, wenn der Steuerzahler im Jahre 2020 negative wirtschaftliche Folgen wegen COVID-19 zu tragen hat.

Die Frist für die Erstellung der lokalen Verrechnungspreisdokumentation und die Abgabe von Erklärungen über die Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation durch die jeweilige lokale Geschäftseinheit wurde bis zum 30. September 2020 verlängert. Die Frist für die Nachreichung der Verrechnungspreisdokumentation in Bezug auf das Geschäftsmodell der Gruppe wurde bis zum 31. Dezember 2020 verlängert.

Der Anti-Krisen-Schutzschild 2.0. führt die Pflicht zur Zahlung der Steuer auf zivilrechtliche Handlungen (sog. PCC) beim Verkauf und Tausch virtueller Währungen ein.

Recht

Welche rechtlichen Änderungen bringt das Anti-Krisen-Schutzschild 2.0 mit sich?

Im Bereich des Arbeitsrechts werden durch das Anti-Krisen-Schutzschild 2.0 weitere Arbeitgeber dazu berechtigt, ihre Arbeitszeiten zu ändern oder Überstunden anzuweisen. Darunter fallen Unternehmen aus der Verkaufs- und Bankdienstleistungsbranche, Unternehmer aus dem Agrar- und Nahrungsmittelsektor– insbesondere solche aus der Produktion und Lieferung von Lebensmitteln – sowie Unternehmen, die die Funktion eines Verkäufers von Amts wegen im Sinne von Artikel 3 Pkt. 29 des poln. Energiegesetzes vom 10. April 1997 ausüben. Dem Arbeitgeber wird das Recht eingeräumt, den Arbeitnehmer zu verpflichten, sich außerhalb der normalen Arbeitszeiten in Bereitschaft zu halten.

Der Kreis der Anspruchsberechtigten für Betreuungsleistungen erweitert sich auf Beamte der Polizei, der Sonderdienste, des Grenzschutzes, des Staatsschutzdienstes, der Staatsfeuerwehr, des Zoll- und Steuerdienstes und auf das Strafvollzugspersonal.

Die Bestimmungen für die Legalisierung des Aufenthalts von Ausländern wurden modifiziert. Ausländer, die sich bis zu 30 Tage nach Aufhebung der epidemischen Gefahrenlage im Land aufhalten, gelten unter bestimmten Voraussetzungen als rechtmäßig. Dazu zählen etwa ein Schengen-Visum oder Regelungen für die visafreie Einreise. Zudem wurde die Gültigkeit von Aufenthaltskarten und sog. Polen-Karten verlängert.

Die bisherigen Auswirkungen auf öffentliche Auftragsvergaben bleiben weitestgehend bestehen. Es gibt kleinere Änderungen der Bedingungen, die zur Vertragsänderung berechtigen. Auftragnehmer mit Sitz außerhalb Polens reichen die jeweiligen Nachweisdokumente ein, die von den Institutionen der betreffenden Länder ausgestellt werden.

Die Abfallwirtschaft erhält eine weitere Änderung der Vorschriften. Im Falle fehlender technischer und organisatorischer Möglichkeiten zur Beseitigung von Abfällen, die „im Zusammenhang mit der COVID-19-Gegenmaßnahme entstehen“, kann der Woiwode eine Anordnung über die Bewirtschaftung dieser Abfälle erlassen, die auch für Unternehmer verbindlich ist und die Lagerung von medizinischen Abfällen durch ihren Erzeuger betrifft.

Die bisher beschlossenen Maßnahmen für die Tourismusbranche gelten auch für Unternehmer, die Räumlichkeiten vermieten, wenn dies mit der Organisation von Ausstellungen und Kongressen verbunden ist.

Im Baurecht gelten die gleichen Grundsätze der bisher gefassten Beschlüsse auch für die Planung, den Bau, den Umbau, die Sanierung, die Instandhaltung und den Abriss von Bauwerken zwecks Aufrechterhaltung der Kontinuität wesentlicher Dienste. Des Weiteren entfällt teilweise die Pflicht, eine Nutzungsgenehmigung einzuholen.

In Gerichts- und Verwaltungsverfahren nennt der Anti-Krisen-Schutzschild 2.0 folgende Bereiche, für die die Unterbrechung bzw. Aussetzung des Fristenlaufs nicht gilt:

  • die Frist für die Begutachtung und Abstimmung des Entwurfs des Flächennutzungsplans, des Entwurfs des örtlichen Bebauungsplans und des Entwurfs des Beschlusses, in dem die Regeln und Bedingungen für den Standort von Stadtmöbeln, Werbetafeln und -anlagen sowie Zäunen, ihre Abmessungen, Qualitätsstandards und die Arten von Baustoffen, aus denen sie hergestellt werden dürfen, festgelegt werden
  • die Frist für die Stellungnahme der zuständigen Behörden zum Entwurf des Revitalisierungsprogramms der Gemeinde;
  • die Frist für den Erlass eines Bauvorbescheides;
  • die Frist für das Einreichen von Anträgen betreffend den Flächennutzungsplan der Gemeinde.

Um welche rechtlichen Bestimmungen wurde das Anti-Krisen-Schutzschild 2.0 erweitert?

Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz

Es gelten Sonderregelungen für die Durchführung von Erstunterweisungen über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit. Sie sollen vollständig über elektronische Kommunikationsmittel durchgeführt werden. Ausnahmen gelten unter anderem für gewerbliche Mitarbeiter, Auszubildende und Praktikanten sowie Arbeitnehmer, die mit gefährlichen Arbeitsstoffen arbeiten. Fristen zur Durchführung von Erst- und Wiederholungsunterweisungen werden verlängert.

Verlängerung bestimmter Berechtigungen

Für eine Vielzahl von Berechtigungen und Pflichten gilt eine Verlängerung oder Aussetzung. Dazu zählen unter anderem die Bescheinigung über Behinderung, das sog. Vertrauensprofil für Einrichtungen, ADR-Bescheinigungen und die Berechtigung von Kraftfahrern im Straßenverkehr.

Energierecht

Im Anti-Krisen-Schutzschild 2.0 werden einige wichtige Fristen verlängert und einige starre Anforderungen an die Energiemarktteilnehmer abgeschafft. Diverse monatliche Berichte der Energieunternehmer gegenüber des URE können fortan elektronisch eingereicht werden, eine Vielzahl an Terminen und Fristen im Zusammenhang mit Energieunternehmen verlängern sich. Unter die Änderung fallen auch die detaillierten Regeln für die Bekanntmachung, Organisation und Durchführung von Ausschreibungen (Auktionen) für den Stromverkauf im Jahr 2020.

Investitionsfonds und Finanzmarktaufsicht

Die elektronische Teilnahme von Anteilshabern eines Investitionsfonds an der Versammlung der Anleger ist nun grundsätzlich möglich. Für den Investorenrat und die Investorenversammlung sind ähnliche Regelungen vorgesehen. Außerdem können Bescheide in Verwaltungsverfahren und Entscheidungen der Kommission für Finanzaufsicht, die durch Beschluss erfolgen, elektronisch erstellt werden.

Insolvenz- und Rekrutierungsverfahren

Die Frist für die Einreichung von Insolvenzanträge beginnt nicht während des Zeitraums der epidemischen Gefahrenlage oder des Epidemie-Zustands zu laufen. Tritt der Zustand der Zahlungsunfähigkeit während der COVID19-Pandemie ein, wird vermutet, dass die COVID-19-Pandemie ursächlich ist. Der Schuldner hat deshalb keine negativen rechtlichen Konsequenzen zu erleiden. Vor der Ausrufung der oben genannten Zustände begonnene Fristen werden unterbrochen und beginnen nach dem Widerruf des jeweiligen Zustandes wieder zu laufen.

Hybridpost

Die polnische Post kann bis zum 30. September 2020 eine erweiterte Form des sog. Hybridversands von Briefen durchführen. Darunter versteht man die Annahme eines regulären Briefes und dessen Beförderung und Zustellung in Form eines elektronischen Dokuments. Die Hybridsendung hat die gleiche Wirkung und Verbindlichkeit wie Papierdokumente. Voraussetzung ist das sog. Vertrauensprofil des Empfängers. Die polnische Post ist verpflichtet, den Empfänger eindeutig zu identifizieren. Eine Hybridsendung fällt unter die sog. Zustellungsfiktion und gilt daher auch dann für die Einhaltung einer bestimmten Frist als ordnungsgemäß zugestellt, wenn der Brief nicht tatsächlich empfangen wird.

Weiterführende Informationen zu den hier beantworteten Fragen können Sie in diesem PDF nachlesen. Die im Anti-Krisen-Schutzschild 2.0. enthaltenen Änderungen und Ergänzungen haben wir rot markiert. Die bestehenden Gesetze aus dem Anti-Krisen-Schutzschild 1.0 haben wir ebenfalls in einem Artikel für Sie zusammengefasst. Außerdem stehen Ihnen unsere Experten der COVID-19-Unit SDZLEGAL Schindhelm in diesem Zusammenhang gerne beratend zur Seite.

Wir weisen darauf hin, dass sich aufgrund der gegenwärtigen Dynamik die Rechtslage jederzeit ändern kann. Auf Rückfrage können wir Ihnen gerne den aktuellen Sachstand erläutern.