Österreich: Vorsicht bei vorschneller Installation einer E-Ladestation im Wohnungseigentum

Nach einer aktuellen OGH Entscheidung (OGH 5 Ob 173/19f) stellt die Installation einer Wallbox für einphasiges Laden eines E-Autos mit 3,7 kw bei KFZ Abstellplätzen, welche im Wohnungseigentum stehen, eine privilegierte Maßnahme nach § 16 Abs. 2 Z 2 WEG dar. Damit stellt der Oberste Gerichtshof die Installation einer Wallbox für einphasiges Laden der Errichtung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Fernsprecheinrichtungen, Beheizungsanlagen und der technisch notwendigen Einrichtung für Hörfunk und Fernsehen als privilegierte Maßnahmen nach § 16 Abs. 2 Z 2 WEG gleich.


Inhaltsübersicht


Worauf müssen Wohnungseigentümer bei der Installation einer E-Ladestation achten?

Aufgrund dieser oberstgerichtlichen Feststellung bedarf es bei der Installation einer Wallbox für einphasiges Laden eines E-Autos durch den Wohnungseigentümers keines Nachweises einer Verkehrsüblichkeit oder eines wichtigen Interesses des Wohnungseigentümers nach § 16 Abs. 2 Z 2 WEG mehr. Zu beachten ist allerdings, dass es trotz der oberstgerichtlichen Feststellung des Vorliegens einer privilegierten Maßnahme nach § 16 Abs. 2 Z 2 WEG, für derartige Maßnahmen bzw. Änderungen weiterhin der ausdrücklichen Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer bedarf. Fehlende Zustimmungen von anderen Wohnungseigentümern können im Außerstreitverfahren über Antragstellung aber ersetzt werden.

Ohne das Vorliegen der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer ist der Wohnungseigentümer, der die Maßnahme bzw. Änderung begehrt, jedenfalls einem Beseitigungsanspruch der anderen Wohnungseigentümer ausgesetzt. In derartigen Gerichtsverfahren wird lediglich die Genehmigungsbedürftigkeit der durchgeführten Maßnahme bzw. Änderung und nicht die Genehmigungsfähigkeit geprüft, sodass der Beseitigungsanspruch von anderen Wohnungseigentümern oft sehr leicht durchgesetzt werden kann, auch wenn es sich bei der begehrten Maßnahme bzw. Änderung grundsätzlich um eine privilegierte Änderung handelt.

Weiters ist bei der Installation von E-Ladestationen zu beachten, dass für weitergehende Installationsmaßnahmen wie z.B. die Installation einer sogenannten Wallbox zum dreiphasigen Laden mit 22 kw der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung keine Privilegierung nach §16 Abs. 2 Z 2 WEG festgestellt hat.  

Für eine derartige Maßnahme bzw. für nicht privilegierte Änderungen bedarf es jedenfalls des Nachweises einer Verkehrsüblichkeit oder eines wichtigen Interesses des Wohnungseigentümers. Dieser erforderliche Nachweis ist in der Praxis allerdings nicht immer leicht zu erbringen, auch wenn diese beiden Voraussetzungen im Wohnungseigentum nicht kumulativ vorliegen müssen. Zu beachten ist jedenfalls, dass für das wichtige Interesse des Wohnungseigentümers, wie so oft angenommen, die Steigerung des Wohn- und Verkehrswertes der Eigentumswohnung jedenfalls nicht ausreicht. Die jüngere Rechtsprechung beurteilt den Begriff des wichtigen Interesses allerdings unter den Aspekten, ob die Maßnahme dazu dient, dem Wohnungseigentümer eine Nutzung zu ermöglichen, die dem heutigen Standard dient. Dazu hat der Oberste Gerichtshof in seiner aktuellen Entscheidung aber nicht weiter Stellung bezogen, da die Errichtung einer Wallbox mit dreiphasigem Laden nicht verfahrensgegenständlich war. Die Beurteilung, ob ein wichtiges Interesse bei der Installation einer Wallbox mit dreiphasigem Laden vorliegt, ist sohin weiterhin ausständig.

Welche Erleichterungen bringt die WEG-Novelle 2022?

Die Erleichterung des Nachrüstens von Wohnungseigentümern von Ladestationen für E-Autos hat der Gesetzgeber nunmehr jedenfalls zum Anlass einer WEG-Novelle 2022 genommen. Der Ministerialentwurf ist seit 17.06.2021 in Begutachtung. Die Frist endet mit 13.08.2021. Die geplante Beschlussfassung im Parlament ist im Oktober/November vorgesehen. Geplantes Inkrafttreten der Novelle zum WEG ist der 01.01.2022.

Mit der WEG-Novelle 2022 wird u.a. das Änderungsrecht des Wohnungseigentümers nach § 16 WEG ausgedehnt. Es wird nunmehr gesetzlich in § 16 Abs. 2 Z 2 WEG festgeschrieben, dass die Installation einer Langsamladestation für E-Autos eine privilegierte Maßnahme darstellt. Im Übrigen soll das in Hinkunft auch für digitale Dienstleistungen gelten.

Weiters schafft der Gesetzgeber mit der Novelle zum WEG für derartige Maßnahmen eine Zustimmungsfiktion der anderen Wohnungseigentümer (analog zu § 9 MRG). Neu ist somit, dass es eine Obliegenheit zum Widerspruch der anderen Wohnungseigentümer binnen einer Frist von 2 Monaten nach ordnungsgemäßer Anzeige der privilegierten Änderung geben wird. Für die Anzeige der privilegieren Änderung reicht eine Übersendung gemäß § 24 Abs. 5 WEG. Ein Hausanschlag ist nicht erforderlich.

Mit Inkrafttreten der WEG Novelle hat sohin der Wohnungseigentümer, der die privilegierte Maßnahme begehrt, seine Änderung „nur mehr“ anzuzeigen und muss nicht aktiv um die Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer einkommen oder diese ersetzen lassen, sofern es keinen Widerspruch anderer Wohnungseigentümer gibt. Bei großen Wohnhausanlagen war das Einholen der Zustimmungserklärung aller Wohnungseigentümer oft eine unüberbrückbare Hürde für den Wohnungseigentümer, der auch eine privilegierte Maßnahme begehrte. Dies wird durch die Novelle jedenfalls erleichtert werden.

Was gilt für die Installation von E-Ladestationen bis zum Inkraftreten der WEG Novelle 2022?

Bis zum Inkrafttreten der WEG Novelle 2022 gilt jedoch, dass der Wohnungseigentümer die Installation von einphasigen E-Ladestationen, auch wenn es sich dabei nach oberstgerichtlicher Feststellung um eine privilegierte Maßnahme handelt, nicht vorschnell vornehmen darf, sondern das Zustimmungserfordernis aller Wohnungseigentümer einhalten muss, sofern er sich nicht einem Beseitigungsanspruch anderer Wohnungseigentümer aussetzen möchte.



Autor: Heidi Lallitsch